1984 – Orwells Fiktion wird Wirklichkeit

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sieben Monate vor seinem Tod im Januar 1950 erschien George Orwells letzter Roman „1984“. Orwell beschreibt darin einen dystopischen Staat, der aus reiner Machtgier Individuen und Individualität zerstört, der Roman ist die düsterste Zukunftsvisionen in der Literatur, in der Orwell seine Erfahrung aus dem spanischen Bürgerkrieg in die Zukunft projiziert.
Als überzeugter Sozialist hatte Orwell 1936 – 37 in den internationalen Brigaden gegen die Franco-Diktatur gekämpft. Sein Anliegen war dabei das Ziel eines geeinten (demokratisch-sozialistischen) Europas und ein Ende des Imperialismus. Er wurde deshalb von Stalinisten verfolgt und geriet in Lebensgefahr. So empfand er tiefe Enttäuschung über den ‚kommunistischen Verrat‘ an Spanien, der Stalinismus stellte für ihn das Schreckensbild eines totalitären Überwachungsstaates dar.
Immer dann, wenn staatliches Handeln auf Überwachung und Kontrolle abzielt, wird Orwells Roman als starkes negativ-Bild zitiert. Doch niemals zuvor konnte sich jemand vorstellen, dass all die Schrecklichkeiten des in „1984“ beschriebenen Herrschaftssystems zur Blaupause für einen realen Staat werden könnten. Putin jedoch lehrt uns etwas anderes:
Wie in „1984“ beherrscht eine kleine Machtelite mit oligarchischer Struktur den Staat
(1984: „Innere Partei“), für die Umsetzung des Machtanspruchs sorgen die restlichen Parteimitglieder (1984: „Äußere Partei“). Die breite Masse des Volkes (1984: ca. 85 % der Bevölkerung, die „Proles“). Die allgegenwärtige „Gedankenpolizei“ überwacht permanent alle Parteimitglieder und die Gegner der Partei. Das Staatsfernsehen schürt den Hass auf den Staatsfeind, der in Putins Augen eine von NATO-Staaten gesteuerte Gruppe von drogenabhängigen Neonazis in der Ukraine ist. „Dieser Hass wird den Menschen als Teil der allgegenwärtigen Propaganda täglich neu eingehämmert und dient dazu, die Bevölkerung durch das gemeinsame, allgegenwärtige und anscheinend übermächtige Feindbild zusammenzuschweißen und von ihrem entbehrungsreichen, von harter Arbeit geprägten Leben abzulenken“ (Wikipedia zu „1984“).
Sämtliche in „1984“ beschriebenen Machtinstrument zur Kontrolle des Denkens und Handelns wie z. B. Geschichtsfälschung, Änderung der sprachlichen Bedeutung aus politischen Gründen (Neusprech) und Beeinflussung des Denkens mit ständig wiederholten Parolen (1984: „Krieg ist Frieden“, „Freiheit ist Sklaverei“, „Unwissenheit ist Stärke“). Eine objektive Wahrheit außerhalb der Partei gibt es nicht (Doppeldenk). Politische Gegner werden liquidiert, auf Neusprech vaporisiert („verdampft“). Kritische Gedanken, werden als Staatsverbrechen behandelt (1984: Gedankenverbrechen).
Wir wünschen Ihnen ein Wochenende im Mitgefühl für Ukrainer, die für Freiheit und Demokratie kämpfen.