Mauerbau – 13. August 1961

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
heute vor 60 Jahren in den frühen Morgenstunden ließ die „Pankower Regierung“ der „SBZ (sowjetisch besetzten Zone)“ die „Hauptstadt der DDR“ von der „selbständigen politischen Einheit Westberlin“ hermetisch abriegeln. Zwei Monate zuvor hatte der „Vorsitzende des Staatsrats der DDR“, Walter Ulbricht in einem Interview noch kundgetan: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“.
Die Berliner Mauer hat nicht nur die Deutschen voneinander getrennt, sie wurde das Wahrzeichen des kalten Kriegs zwischen der NATO und dem „Warschauer Pakt“, des „Eisernen Vorhangs“ zwischen Demokratien des Westens und kommunistischen Diktaturen im Osten. Der „antifaschistische Schutzwall“ hat nur etwas mehr als 28 Jahre bestanden, vor fast 32 Jahren wurde sie von der friedlichen Revolution in Deutschland in nur einer Nacht am 9. November durchlässig gemacht. Und dennoch sitzt die kollektive Erinnerung an diese Mauer tief im Bewusstsein der Deutschen. Diese Mauer hat das Volk zutiefst traumatisiert. Nahezu allergisch reagiert man in Deutschland, wenn anderswo angekündigt wird, dass an Grenzen Mauern gebaut werden sollen, wie z. B. Donald Trumps Ankündigung, die illegale Einwanderung aus Mittel- und Südamerika mittels einer Mauer stoppen zu wollen oder Viktor Orbans Plan vor einigen Jahren, die EU-Außengrenze mit einer „Mauer“ gegen illegalen Grenzzutritt schützen zu wollen. Viele Menschen in Deutschland bekommen Gänsehaut, wenn sie Bilder der Grenzbefestigungen in Korea oder Palästina sehen, denn auch diese Befestigungen schließen die Grenzen hermetisch ab. Grenzübertritte sind hier nahezu unmöglich und immer mit Lebensgefahr verbunden.
Für Menschen in Deutschland sind solche befestigten Grenzen Zeichen der Missachtung unseres Wertesystem, der Freiheit und der Selbstbestimmung; die Würde des Menschen wird hier außer Kraft gesetzt. Deshalb ist es auch wichtig, sich ab und zu daran zu erinnern, dass unsere Grundwerte nicht selbstverständlich sind und durchaus verloren gehen können. In unserer jüngeren Geschichte haben wir Erfahrungen machen müssen mit Diktaturen von Rechts und Links, von Sozialisten der nationalen und der internationalen Ausrichtung. Unsere freiheitlich demokratische Grundordnung braucht Menschen, die sich dafür einsetzen. In sechs Wochen hat jeder Wahlbürger die Gelegenheit, mit minimalem Aufwand sein Bekenntnis für diese freiheitlich demokratische Grundordnung abzulegen: mit der Ausübung seines Wahlrechts bei der Bundestagswahl. Gleichzeitig ist die Wahl auch ein Bekenntnis gegen die Berliner Mauer und ihre Nachfolger.
Viele Menschen außerhalb der EU haben solch ein Wahlrecht nicht. Wir sollten ihnen zeigen, dass wir uns des Wahlrecht-Privilegs bewusst sind und mit hoher Beteiligung an der Wahl teilnehmen.
Wir wünschen Ihnen ein angenehmes Wochenende und eine baldige Immunisierung, bleiben Sie gesund!