Wagen wir wirklich mehr Demokratie? Das Wahlalter mit 16 Jahren soll uns verkauft werden als erheblicher Zuwachs an Demokratie

Wieder einmal wir in der Öffentlichkeit die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre diskutiert. Viele gute Argumente für und gegen die Absenkung werden aufgeführt. 16-Jährige können durchaus in der Lage seien, ihre eigenen Anliegen zu erkennen und ihren Willen in einer Wahl verantwortlich zum Ausdruck zu bringen. Ob dies auch bei demenzkranken alten Leuten immer der Fall ist, wird oft angezweifelt. Mit gleichem Recht werden auch gute Argumente aufgeführt, die das Gegenteil belegen sollen.
Haben wir also nur den üblichen Richtungsstreit zwischen Parteien, die glauben eher junge Leute zu interessieren und Parteien, deren Wählerschaft eher bei älteren Leuten vermutet wird? Würden sich bei einer Änderung des Wahlalters wirklich die Gewichte der einzelnen Parteien verschieben? Würde dies dann wirklich „mehr Demokratie“ bedeuten? Die Analysen von Wahlforschern sprechen eher gegen eine deutlich sichtbare Verschiebung des Parteiengewichts.
Das eigentliche Problem ist ein anderes: Zu wenige Bürger beteiligen sich an Wahlen, und das in allen Altersklassen. Zusätzlich ist eine Altersgruppe ist bei Wahlen überhaupt nicht vertreten: alle Kinder unterhalb des Wahlalters. Wenn wir wirklich allen Bürgern eine Stimme geben wollen, dann müssen auch die Kinder eine Stimme haben. Unterhalb des Wahlalters sollten dann die Erziehungsberechtigten treuhänderisch für ihre Kinder die Stimme abgeben können. Dann könnte in der Tat eine Verschiebung der politischen Gewichte stattfinden und das wäre dann aus demokratischen Prinzipien heraus auch richtig. Das Wahlalter selbst spielt dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Ist 16 Jahre wirklich das richtige Wahlalter? Warum denn nicht ein anderes Alter, Religionsgemeinschaften haben dazu ihre eigenen Regeln und die sind kaum weniger demokratisch, als die stattlichen Regeln.
Ja, ich weiß es! Eine solche Regelung, dass auch Kinder eine Wahlstimme haben, ist nicht von unserem Grundgesetz gedeckt. Es gibt sicherlich auch Hürden zu überwinden, wenn sich die Erziehungsberechtigten nicht einigen können, wer nun treuhänderisch das Wahlrecht fürs Kind ausübt. Solche Hürden sind jedoch überwindbar und unsere Freiheitlich-Demokratische Grundordnung hat schon diverse Anpassungen des Grundgesetzes ohne Verlust an Demokratie verkraftet.
Immerhin wäre die Absenkung des Stimmberechtigungs-Alters bis zur Geburt einmal eine politische Diskussion, die das grundsätzliche Demokratieverständnis in den Parteien deutlich macht. Gleichzeitig würde transparent, wer die politische Vertretung der Familien wirklich ernst meint und wer sie als Lippenbekenntnis benutzt. Eine Absenkung des Wahlalters um lediglich zwei Jahre ist dagegen ein Kinkerlitzchen, die Diskussion darum eine Scheindiskussion.